Frühling-Sestine |
Cornelia Lösch |
Und wieder flattert Goethes blaues Band |
durch Blütenduft erfüllte laue Luft. |
Ein Frosch genießt der frühen Sonne Schein |
und Vögel suchen Zweige für ihr Nest. |
Ich pflück Narzissen, glöckchengleich im Licht. |
Sie läuten dottergelb den Frühling ein. |
Das ist die Zeit des großen Stelldichein. |
Da wird geknüpft so manches feste Band. |
Das junge Volk genießt der Liebe Licht |
Sogar die Alten schnuppern Morgenluft. |
In mir ein Bild von Liebeslust im Nest, |
von heißen Küssen in des Mondes Schein. |
Und doch ist es ein trügerischer Schein |
denn manchmal bricht der Winter nochmals ein. |
Ich sitz allein in meinem warmen Nest, |
derweil im Eis erstarrt des Froschlaichs Band. |
Mit Schneegestöber ist erfüllt die Luft |
und dunkle Wolken nehmen mir das Licht. |
Das geht vorbei. Schon gleich am Morgen Licht. |
Es grünt und blüht im hellen Sonnenschein. |
Ich geh hinaus, genieß die frische Luft. |
Ich atme tief und feste aus und ein |
und lös mein Haar, gebunden durch ein Band. |
Voll Tatendrang verlasse ich mein Nest. |
Du schaust mir nach aus deinem einsam Nest. |
Du spürst der innig Liebe warmes Licht. |
Gebunden fühlen durch ein gülden Band |
willst mit mir leben in der Sonne Schein. |
Am Abend lädtst du mich zum Essen ein. |
Erotisch knistert es schon in der Luft. |
Jedoch, ich schnupp're Freiheit in der Luft, |
empfinde wenig für dein Liebesnest. |
Am nächsten Morgen lass ich dich allein, |
verschwinde heimlich, mach noch nicht mal Licht. |
Ich tret hinaus in Frühlings Sonnenschein, |
noch nicht bereit fürs stetig Liebesband. |
Drum prüf bevor du's Band geknüpft, ob Luft |
allein der Liebe Schein. Sonst geht im Nest |
das Licht gleich wieder aus. Du bist allein. |