Der Geiger |
Cornelia Lösch |
Herr Bankdirektor Pinkepank |
sieht morgens auf dem Weg zur Bank |
tagtäglich einen alten Mann, |
der leidlich Geige spielen kann, |
mit einem Hut vor seinen Füßen |
den Bankdirektor freundlich grüßen. |
Herr Pinkepank, der stets solvent, |
wirft dem Geiger fünfzig Cent |
täglich in den alten Hut, |
und fühlt sich dabei richtig gut. |
So geht das eine lange Zeit, |
was nicht nur unseren Geiger freut, |
auch unser guter Pinkepank |
kriegt somit täglich seinen Dank. |
Doch eines Tages im Advent |
wirft er dem Bettler nur zehn Cent |
in seinen alten Hut hinein, |
das erstaunt das Geigerlein! |
Er hört sofort zu Spielen auf |
und schaut zum Bankdirektor rauf. |
„Ach, bitte Herr, einen Moment! |
Sie gaben mir sonst fünfzig Cent, |
doch heute gaben Sie nur zehn. |
Wie, bitte, darf ich das versteh’n!“ |
„Tja“, spricht da Herr Pinkepank, |
„ich arbeite zwar bei der Bank, |
doch muss auch ich scharf kalkulieren, |
denn mein Sohn will bald studieren.“ |
Der Geiger schaut betreten drein |
und packt dabei die Geige ein. |
„Mein Herr, ich muss hier protestieren. |
Ich soll Sie jetzt finanzieren? |
Jetzt brauch ich einen neuen Posten, |
Ihr Sohn studiert – auf meine Kosten!“ |